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Persönliche Haftungsrisiken von
Vorstandsmitgliedern und Vereinsgeschäftsführern
Entgegen einer immer noch verbreiteten Meinung können
ehrenamtliche Vorstandsmitglieder eines Vereins persönlich haften.
Etwas günstiger ist die Situation bei hauptamtlichen, unterhalb der
Vorstandsebene angesiedelten "Vereinsgeschäftsführern".
In beiden Fällen gilt: Kleinere Vereine können diese Risiken
mit einer gut überlegten Satzungs-/ Vertragsgestaltung, einem individuell
ausgerichteten Versicherungsschutz und einer kompetenten Organisationsstruktur
angemessen begrenzen. Wirtschaftlich umfangreich tätige Vereine sollten
dagegen von einem hauptamtlichen Vorstand geführt werden oder wirtschaftlich
bedeutende Tätigkeiten auslagern.
Die Haftung der Vorstandsmitglieder und der von unterhalb
der Vorstandsebene angesiedelten "Vereinsgeschäftsführer"
ist unterschiedlich geregelt; weiterhin ist zu unterscheiden zwischen
Außen- und Innenhaftung.
Haftung der Vorstandsmitglieder
Vorstandsmitglieder repräsentieren als Organmitglieder
den Verein. Sie sind für die Beachtung der Vereinssatzung und aller
gesetzlichen Vorschriften verantwortlich. Hierbei ist ohne Bedeutung,
ob sie ehrenamtlich tätig werden oder ein Entgelt erhalten.
Vorstandsmitglieder können Außenstehenden
(z.B. Finanzamt, Zuschussgebern, Kunden des Vereins) insbesondere in folgenden
Fällen mit ihrem Privatvermögen haften:
unzureichende Aufbau- oder Ablauforganisation führt
zur Verletzung eines Mitarbeiters, Kunden oder Dritten. Zu denken
ist hier an die ungeregelte / nicht kontrollierte Wartung von Maschinen
und elektrische Anlagen jeglicher Art (auch Fahrzeuge), die Verletzung
von Bau- oder Brandschutzbestimmungen, unzureichenden Streudienst,
herausgezögerte Instandhaltungen etc.,
unzutreffende Ausstellung von Spendenbescheinigungen
(Zuwendungsbestätigungen) oder Fehlverwendung der zugewandten
Mittel,
Verletzung der steuerlichen oder sozialversicherungsrechtlichen
Aufzeichnungs- oder Buchführungs- oder der zugehörigen Erklärungspflichten,
mangelnde finanzielle Vorsorge zur Zahlung fälliger
Steuern oder Versicherungsbeiträge,
Fehlverwendung von Baudarlehn oder Bauzuschüssen,
Hinauszögern des Insolvenzantrages.
Gegenüber dem Verein (Innenverhältnis) haften
die Vorstandsmitglieder persönlich für eine sorgfältige
Vereinsführung. Sie sind insbesondere verpflichtet
die Vereinsziele strikt zu verfolgen,
die Aufbau- und Ablauforganisation des Vereins
an den Satzungszielen auszurichten,
alle fachlich (z.B. Heim-, Qualitätssicherungsgesetz)
und allgemein einschlägigen sowie insbesondere auch alle steuer-
und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zu beachten,
ordnungsmäßig Rechenschaft zu legen,
alle anderen Organmitglieder und die Mitgliederversammlung
zeitnah und ausreichend über wichtige Vorkommnisse zu informieren,
alle sinnvollen Möglichkeiten auszuschöpfen,
um einen dem Verein drohenden Schaden abzuwenden oder seinen wirtschaftlichen
Niedergang zu verhindern.
Weitere Voraussetzung einer persönlichen Haftung
der Vorstandsmitglieder ist schuldhaftes Handeln oder Unterlassen. Hierbei
wird der Maßstab einer umsichtigen, seinen Aufgaben gewachsenen
Person angelegt. Mit einem Mangel an Befähigung oder Erfahrung kann
sich ein Vorstandsmitglied nicht entlasten; es muss über die für
die übernommene Geschäftsaufgabe erforderlichen Kenntnisse und
Fähigkeiten verfügen.
Dem in Anspruch genommenen Vorstandsmitglied hilft
es nicht, wenn
es seine Tätigkeit ehrenamtlich ausgeübt
hat, da die haftungsrechtlichen Vorschriften nach der Rechtsprechung
(z.B. BGH, Urteil vom 7.10.1963 - VII ZR 93/62, BB 1964
S. 100) hierfür keine Sonderregelungen enthalten,
es die laufende Geschäftstätigkeit an
einen hauptamtlichen Angestellten ("Vereinsgeschäftsführer")
delegiert hat, da das Vorstandsmitglied weiterhin die Geschäftsführungsverantwortung
trägt,
die Mitgliederversammlung den Vorstand entlastet
hat. In der Regel war die Mitgliederversammlung vor dem Entlastungsbeschluss
nicht ausreichend über den Regressanspruch informiert worden
oder die Entlastung ist aufgrund der gemeinnützigkeitsrechtlichen
Vorgaben wirkungslos (OLG Hamm, Beschluss vom 29. April 1999
- 2 Ws 71/99).
Haftung der Vereinsgeschäftsführer
Die unterhalb der Vorstandsebene angesiedelten "Vereinsgeschäftsführer"
sind haftungsrechtlich im Vergleich zu den Vorstandsmitgliedern deutlich
günstiger gestellt (außer bei nicht rechtsfähigen Vereinen).
So können sie von Außenstehenden nur in Anspruch genommen werden,
soweit ihr konkreter Aufgabenbereich berührt wurde, also sie selbst
für die Wartung oder Instandhaltung der schadensverursachenden
Maschinen und elektrische Anlagen, die Umsetzung von Bau- oder Brandschutzbestimmungen
oder den Streudienst etc. konkret zuständig waren,
unzutreffende Zuwendungsbestätigungen ausgestellt
haben oder eine Fehlverwendung der zugewandten Mittel veranlassten,
maßgeblich an der Verletzung der steuerlichen
oder sozialversicherungsrechtlichen Aufzeichnungs- oder Buchführungspflichten
oder der zugehörigen Erklärungspflichten mitwirkten oder
keine ausreichende finanzielle Vorsorge zur Zahlung
fälliger Steuern oder Versicherungsbeiträge trafen, obwohl
sie über umfassende Entscheidungsbefugnisse und Vollmachten zur
Gestaltung der finanziellen Verhältnisse des Vereins verfügten.
In den aufgeführten Fällen werden die Vereinsgeschäftsführer
regelmäßig nur nachrangig in Anspruch genommen.
Gegenüber dem Verein haften die Vereinsgeschäftsführer
aufgrund ihrer Arbeitnehmerstellung in aller Regel nur bei vorsätzlicher
oder grob fahrlässiger Verletzung ihrer Pflichten aus dem Arbeitsvertrag.
Und selbst in diesen Fällen können sie sich häufig auf
mangelnde Überwachung durch den Vorstand berufen, z.B. bei einer
stetigen Überschreitung ihrer Kompetenzen.
Möglichkeiten zur Risikobegrenzung
Die dargestellten Haftungsrisiken können durch
verschiedene Vorkehrungen auf ein vertretbares Maß reduziert werden.
Nachfolgend sind zunächst die Maßnahmen angeführt, die
zur Begrenzung der Vorstandshaftung sinnvoll sind:
Ausschluss der leichten Fahrlässigkeit in
der Vereinssatzung.
Erforderlich ist eine entsprechende Änderung der Vereinssatzung.
Dadurch können Regressansprüche des Vereins gegen die Vorstandsmitglieder
weitgehend ausgeschlossent werden (Innenhaftung), Ansprüche Außenstehender
gegen die Vorstandsmitglieder werden hiervon nicht erfasst,
Risikoverlagerung auf Versicherungen
Vorstandsmitglieder sollten eine bei grob fahrlässigen Sorgfaltspflichtverletzungen
eingreifende Spezialrechtsschutzversicherung abschließen, die
auch bei Auseinandersetzungen mit dem eigenen Verein Versicherungsschutz
gewährt. Zusätzlich kann eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung
oder eventuell eine D&O abgeschlossen werden. Hohe Prämien
und vielfältige Haftungsausschlüsse erfordern hier besondere
Umsicht bei der Auswahl einer geeigneten Versicherung.
Risikobegrenzende Betriebsorganisation
Bei den Vereinen mit ihrer historisch gewachsenen Struktur muss in
aller Regel dringend eine Anpassung der Aufbau- und Ablauforganisation
an die aktuellen Anforderungen erfolgen. Auch sollte ein auf die individuellen
Erfordernisse ausgerichtetes Chancen- und Risikomanagement mit regelmäßigen
Strategieworkshops, Sensibilisierung der Belegschaft etc. aufgebaut
werden.
Zusammenarbeit mit sachverständigen Beratern
Spezialwissen außerhalb der eigenen Kernkompetenz kann nicht
mit vertretbarem Aufwand qualifiziert vorgehalten werden. Hier wird
das Risiko durch Einschaltung sachverständiger Berater mit einschlägigen
Branchenkenntnissen begrenzt.
Risikobegrenzung durch Fortbildung
Das Fortbildungsmanagement muss alle Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter
einbeziehen.
Auslagerung risikobehafteter Geschäftsbereiche
Wenn Vereine in erheblichem Umfang Zweckbetriebe oder andere wirtschaftliche
Geschäftsbetriebe unterhalten, sollten wesentliche Betriebbereiche
in Gesellschaften ausgelagert werden. Dadurch kann der Vereinsvorstand
seine Verantwortung für die Geschäftsführung auf die
einer Aufsicht und damit deutlich reduzieren.
Risikobegrenzung durch Bildung von Vorstandsressorts
Eventuell ist daran zu denken, untergeordnete Segmente der Vorstandsaufgaben
einzelnen Vorstandsmitgliedern eigenverantwortlich zuzuweisen. Dazu
ist eine detaillierte, eindeutige Satzungsbestimmung erforderlich.
Eine weitreichende Haftungsverlagerung lässt sich dadurch allerdings
nicht erzielen (BFH, Beschluss vom 21. 08 2000 - VII B 260/99).
Änderung der Leitungsstruktur
Eine deutliche Haftungsreduzierung erreichen ehrenamtliche Vorstandsmitglieder,
wenn sie in ein strategisches Lenkungsgremium (z.B. Vereinsausschuss,
Beirat, Verwaltungsrat, Vereinsrat) wechseln und einen hauptamtlichen
Vorstand berufen. Auch dessen Haftung kann durch die vorstehend aufgeführten
Möglichkeiten reduziert werden.
Bei einem nicht eingetragenen (nichtrechtsfähigen)
Verein ist der wichtigste Schritt zur Haftungsbegrenzung die Eintragung
im Vereinsregister.
Die vorstehenden Ausführungen zur Risikominimierung
gelten in gleicher Weise für unter der Vorstandsebene angesiedelte
Vereinsgeschäftsführer mit drei Abweichungen:
Eine klarstellende Haftungsbegrenzung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
sollte in den Anstellungsvertrag aufgenommen werden, falls sie sich
nicht aus einem anzuwendenden Tarifvertrag ergibt,
Die Bildung von Geschäftsführungsressorts
erfordert keine Satzungsänderung, sondern kann durch Geschäftsordnung
erfolgen,
- Durch die oben beschriebene Änderung der Leitungsstruktur wird
sich die Haftung der Vereinsgeschäftsführer tendenziell eher
erhöhen.
Perspektiven
Die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren
gravierend verändert. Dadurch haben sich die wirtschaftlichen Risiken
der Vereine und die Haftungsrisiken der handelnden Personen deutlich erhöht.
Hinzu kam die öffentliche Diskussion über das KonTraG (Gesetz
zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich). Zwar hat sich das
Gesetz auf die vereinsrechtliche Haftung nicht ausgewirkt, aber dadurch
wurde ganz allgemein die Aufmerksamkeit auf die Haftung von Leitungskräften
gerichtet. Vermehrte Regressverfahren werden die Folge sein. Eine entsprechende
Ausrichtung der Haftungsstruktur und des Chancen- und Risikomanagements
ist daher unbedingt erforderlich.
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